Sonntag, 22. Juli 2007

Der Schein trügt…

Der Schein:
Ich war auf einer Party, einer Party mit besonderen Menschen…Nein, keine Behinderten! Ich war auf einer Fidji-Indischen Party. Das Haus konnte ich gar nicht verfehlen. Die indische Musik drang bis auf die Straße und viele Autos waren kreuz und quer vor dem Haus geparkt. Am Eingang empfing der Gastgeber, ein streng dreinblickender Mann. Ich fühlte mich zuerst etwas unwohl, denn ich war vermutlich der einzige „weiße“, aber nachdem mir ein Mädchen etwas zurief was mir als: „Du siehst heiß aus!“ übersetzt wurde, war auch für mich das Eis gebrochen! Nachdem ich so vielen Leuten vorgestellt wurde, dass das Namens-Karrussel in meinem Kopf sich immer schneller und schneller zu drehen begann, flüchtete ich mich ein eine gewohnte Tätigkeit: Filmen und Fotografieren. Junge Mädchen in indischer Tracht gingen mit kleinen

Süßigkeiten-Tellern umher und der Gastgeber höchst persönlich erkundigte sich nach dem Wohlbefinden eines jeden Einzelnen. Die Geräuschkulisse aus Fidjian, Hindi und Englisch sowie indischer Musik war einzigartig. Jeder der über 70 Gäste war in Feierstimmung und selbstverständlich gut gekleidet: die Frauen trugen Saris, Goldschmuck und den roten Punkt auf der Stirn, die Männer Anzüge und schwarze Schuhe. Die Dekoration war schrill und farbenfroh, wenn auch ein wenig kitschig. In der Mitte der Gesellschaft konnte ich bald den Grund des Ganzen erspähen. Ein kleines Mädchen, zu dessen zweitem Geburtstag diese Party gegeben wurde. Nachdem auch der letzte Gast eingetroffen war, wurden Reden gehalten und englische sowie indische Geburtstagslieder gesungen. Danach wurde die große (und nach Kiwi-Art unendlich süße) Torte angeschnitten und das Geburtstagskind legte seinen Eltern und Verwandten ein Stück Kuchen in den Mund. Nachdem die Zeremonie vollzogen war, ging die Party erst richtig los. Die langen Tische bogen sich unter einer Vielzahl von indischen Speisen und Spezialitäten welche auf traditionelle Weise in der Erde gebacken wurden. Mein westeuropäischer Gaumen erlebte eine ihm noch nie da gewesene Geschmacksvielfalt- und Intensität. Neben dem reichhaltigen Essen floss auch der Alkohol in Strömen und so wurde nach kurzer Zeit geklatscht und getanzt. Auch ich wurde oft zum Tanzen aufgefordert. Zuerst war mir das etwas peinlich, da der indische Tanzstil mir bis dahin noch nicht so geläufig war, aber nachdem ich mich mehrmals unter dem Vorwand, noch einige Fotos schießen zu müssen, davon geschlichen hatte, wurde ich letztendlich mit Gewalt auf die Tanzfläche gezerrt. Nachdem der erste Schock überwunden war, machte das Ganze riesig Spaß. Es war wie in einer Art Traum. Die Musik, die Farben, die Menschen… Die Szene könnte aus Bollywood stammen!

Die Wahrheit:
Ich habe hier in Neuseeland eine gute Freundin gefunden. Sie kommt aus Fidji. Eines Tages fragte sie mich, ob ich nicht bei dem Geburtstag ihrer Nichte Fotos machen und filmen könne. Im gleichen Atemzug warnte sie mich aber: Du wirst in eine völlig andere Gesellschaft geraten, eine von Männern dominierte Gesellschaft. Also sei nicht zu nett, sprich nicht zuviel mit den Mädchen und berühre ja kein Mädchen! Wenn du irgendetwas brauchst, wird dir mein Bruder helfen, denn ich darf nicht zuviel in deiner Nähe sein.
Um ehrlich zu sein, ich war etwas geschockt, als ich das hörte…und genau deswegen bin ich hingegangen.
Es ist später am Abend, die meisten sind angeheitert und die Stimmung ist gut. Selbst der Gastgeber, der Vater meiner Freundin, hat gute Laune und scherzt mit jedem. Das ist für ihn leider eher ungewöhnlich, denn er ist ein gestrenger Mann der viel von Tradition hält. Die Tradition verbietet Mädchen unter anderem eine Beziehung vor der Ehe. Jedes mal, wenn meine Bekannte mit einem Mann gesehen wird, muss sie ihren Eltern Rede und Antwort stehen. Es kostet sie viel Kraft, ihrem Vater verständlich zu machen, dass die Männer nur Freunde oder Klassenkameraden sind. Ihre Brüder sind hier auch nicht sehr hilfreich, denn sie stehen auf der Seite ihres Vaters.

Sie ist gutgelaunt. Sie tanzt gern und liebt Partys. Sie umarmt ihren Vater oft, genießt seine fröhliche und offene Art. Sie sagt ihm, wie sehr sie ihn liebt, wie sehr sie seine offene Art genießt. Er fühlt sich geschmeichelt…

Sie weint bitterlich, ihre Freundinnen und Freunde versuchen sie zu trösten. Mit tränenerstickter Stimme flüstert sie: „ Er hat sich nicht geändert. Er hat mein Herz gebrochen und meine Kindheit zerstört! Warum tut er das, ich will doch nur glücklich sein!“
Ihr Vater hat ihr trotz seiner guten Laune so nebenbei noch einmal klargemacht, was Sache ist.
Einer der älteren Männer steht auf und kommt zu ihr: „Bitte hör auf zu weinen, du verdirbst die Stimmung, Danke!“

Sie ist 24 Jahre alt und studiert Sozialwissenschaften an der Uni Auckland. Sie kommt aus Fidji.

Mittwoch, 18. Juli 2007

Busy…


Hey ihr lieben, hab mich lange nicht mehr gemeldet. Das liegt daran, dass ich einfach keine Zeit hatte. Die letzten Wochen habe ich 7 Tage die Woche und 10-12std am Tag gearbeitet. Nachdem ich letzen Donnerstag fuer einen Bekannten eingsprungen bin und mit einem Kameramann in Whangarei war um die letzten Szenen zu drehen, was leider ein recht feuchtes Unterfangen war da es die ganze Zeit regnete, kamen wir am Montag und Dienstag in die Entscheidende Phase des Schnitts. Nachdem gestern Abend nun die Vorversion zu ARD geschickt wurde, und wir damit den Termin gerade noch so eingehalten haben, können wir wieder aufatmen… Allerdings kommt nach dieser Reportage, die Anfang August in der Sendung „W wie Wissen“ auf ARD gesendet wird, schon das nächste Projekt. Also werde ich auch weiterhin busy sein, mit einer Hand mein Auto über die Motorways Neuselands steuern und gleichzeitig am Handy hängen, um neuste Instruktionen zu empfangen oder irgendwelche Telefonate zu führen… Irgendwie schon ein Traum von mir, muss nur auf meine Gesundheit achten, die nimmt auf Träume ja bekanntlich keine Rücksicht.
Während das Wetter hier sehr kalt und regnerisch ist (der Norden Neuseelands kämpft mit Überschwemmungen), ist es in Deutschlands ja recht warm, wie ich gehört habe, also genießt die Sonne und lass es euch gut gehen!
Lieben Gruß aus der Ferne, euer Christian

P.S. Allerdings habe ich immer Zeit, ein schönes Outing mit den Guys zu machen :-)

Dienstag, 10. Juli 2007

Fotos vom Dreh…




Hier kommen nun einige Fotos vom Shooting der Orca-Reportage:

Donnerstag, 5. Juli 2007

Skills – Fähigkeiten

Ich lebe nun schon seit 2 Monaten in Auckland, Neuseeland. Die Zeit vergeht immer noch wie im Flug und ich lebe nicht nur so vor mich hin, ich lerne; und zwar täglich. Neben dem täglichen Zusammenleben mit behinderten Menschen, welches wirklich interessant ist, lerne ich auch noch andere Dinge, die das Zusammenleben unterstützen sollen. In den letzten Wochen habe ich einen 16 stündigen Erste-Hilfe Kurs gemacht. Der Kurs wurde von einem Ex-Sanitäter der Neuseeländischen Armee gegeben. Dieser verstand es gut, die manchmal schläfrige Stimmung ( 8std zuhören ist einfach unmöglich) mit einigen sehr reellen Videos aufzuwecken welche einigen Teilnehmern den Appetit verdarben *grins*. Zusammengefasst kann man aber sagen, dass der Kurs wirklich gut war und ich meine Fähigkeiten gerne mal anwenden würde…aber irgendwie auch nicht! Immerhin kommen von 100 Opfern die man zu wiederbeleben versucht, nur 4 durch…statistisch gesehen.
Doch man lernt hier nicht nur, jemanden vor dem Ersticken zu bewahren, sondern man lernt auch fahren… es ist schon erstaunlich, wie eingebildet ich bin. Ich war mir Todsicher, ein guter Fahrer zu sein und hab dann doch mit großem Erstaunen gemerkt, was ich noch so alles lernen kann. Gestern haben wir diesen Defensive-Driving-Course gemacht. Wir, das sind Alexander Tegner und ich. Dafür mussten wir leider viel zu früh aufstehen (6 Uhr) um uns die knapp 20 km durch den morgendlichen auckländischen Stau zu kämpfen.
Unter Defensive Driving stellt man sich eine langweilige Fahrschulung mit viel Theorie und langsamen um irgendwelche Pilonen herumfahren. Der Ort des vermeintlich langweiligen Fahrkurses: ein Racing Course (Autorennstrecke).
Nach der ersten Stunde Theorie, als mir schon fast die Augen zu vielen, gings dann auf die Rennbahn. Die breite Rennbahn lächelte mich an und ich musste mich schon sehr beherrschen um nicht einfach mal das Gaspedal durch zu drücken. Die Praxis sah dann so aus, dass wir mit 60 km/h Vollbremsungen gemacht haben, dass alle vier Räder meines Autos blockiert und richtige Qualmwolken von sich gegeben haben. Das Ganze hätte aus einem Actionfilm sein können. Die anderen Autos mit ABS hingegen bremsten ruhig, unspektakulär und mit ca. halbem Bremsweg. Die Schleuderübungen waren nicht weniger spaßig. Während die meisten wie angewiesen nur mit 30 km/h durch den Parcours fuhren, wettete ich mit einem jungen Maori, das wir das auch mit 50 km/h schaffen würden… Nur einen umgefahrenen Pilon später wusste ich, dass ich zu schnell war *grins* Wir lernten, wie man durch kurzes Bremsen den Gripp der Vorderräder und somit der Lenkfähigkeit verstärkt und durch Gas geben nach dem Ausweichmanöver ein ausscheren des Hecks verhindert. Ausserdem war ich sehr verblüfft, mit welch einfacher Technik man den Bremsweg eines nicht mit ABS ausgestatteten Autos auf fast denselben Bremsweg eines Autos mit ABS, verkürzt. Die letzte Übung war eine Art „Elchtest“ und wir machten sie mit ca. 70 km/h. Da es sehr stark regnete, hatte ich jede Menge Spaß mit meinem schleudernden Auto und benutzte zum Schluss einfach die Handbremse. Zum Glück sah es keiner, ansonsten hätte ich wohl nicht bestanden *zwinker*.